Im Dorf

Ein Theaterprojekt über eine Langzeitrecherche. Die Dokumentation

von werkgruppe2

Über das Projekt IM DORF

Im Herbst 2016 hat werkgruppe2 mit einer Langzeitrecherche begonnen und über zwei Jahre hinweg ein junges Paar - wir nennen sie Beate und Asan - im thüringischen Eichsfeld besucht. Die beiden hatten sich in einer Unterkunft für minderjährige Flüchtlinge kennengelernt. Asan war als kurdischer Syrer vor dem Krieg geflohen, Beate arbeitete dort als Erzieherin. Sie haben sich ineinander verliebt. Dann wurde Beate unverhofft schwanger und die beiden sind zusammen in das Heimatdorf von Beate gezogen. Ein Dorf mit 500 Einwohner*innen im ehemaligen Zonenrandgebiet. Die Eltern von Beate besitzen dort seit Jahrzehnten die Dorfgaststätte. Asan ist der erste “richtige Ausländer” im Dorf.

Zwei Jahre lang hat werkgruppe2 das Paar besucht und mit ihnen gesprochen über das Ankommen und Weggehen, über die Zukunft mit Kind und die Vorstellungen der Großeltern von Zukunft, über ihre Hoffnungen und vor allem über die Schwierigkeiten im Alltag. Auch mit den Dorfbewohner*innen wurden Interviews geführt, über die Geschichte des Dorfes, über Ängste und Erwartungen, über Gastfreundschaft und Entgegenkommen.

Diese Dokumentation zeichnet die verschiedenen Schritte nach: von den Ausgangsthesen, über die Recherche, die Inszenierung und die Gastspiel-Tour über 10 Dörfer entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze in Thüringen und Südniedersachsen. Gezeigt wurde die Inszenierung in Festsälen von Dorfgaststätten, in Dorfgemeinschaftshäusern, manchmal in Mehrzweckhallen. Mit dem Publikum wurde danach diskutiert, selten zusammen angestoßen.

Hintergrund

Was passiert, wenn ein junger Geflüchteter aus Syrien auf eine lange gewachsene ostdeutsche Familien- und Dorfgemeinschaft stößt?

Konkrete Fragen, mit denen sich alle beschäftigen müssen, tauchen auf: Soll das gemeinsame Kind getauft werden? Soll er Familiennachzug beantragen? Soll er seine Ausbildung fertig machen oder lieber schnell Geld verdienen, um seine Familie zu unterstützen? Wie geht er mit den Erinnerungen an den Krieg in Syrien um? Welche Erinnerungen an eigene Fluchtgeschichten löst das neue Familienmitglied bei den (ost-)deutschen Dorfbewohner*innen aus? Darüber hinaus ist mit seiner Ankunft ein Anlass entstanden, die Übereinkünfte, was Identität, Gastfreundschaft und Zukunftsglauben im Dorf bedeuten, grundsätzlich neu zu definieren.

Das Projekt IM DORF ist in der Grenzregion entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen dem nordwestlichen Thüringen und dem östlichen Südniedersachsen angesiedelt: dem Eichsfeld. Die Region und die 10 Dörfer wurden ausgewählt, da sich hier Themen in widersprüchlicher und extremer Ausprägung treffen – und selbst nach fast 30 Jahren ohne Grenzmauer - identitätsstiftend für die jeweiligen Bevölkerungen wirken: die ehemals grenznahe Lage, die eine dörfliche Isolationserfahrung bis 1989 zur Folge hatte; das Leben am Sperrbereich mit nächtlichen Ausgangssperren, häufigen Kontrollen und Observationen, Einschränkung in Verkehrswegen, Fluchtereignisse von/nach Drüben und das imaginierte Andere jenseits der Grenze als Feindbild.

In dem Dorf, das in der Langzeitrecherche betrachtet wird, hat noch nie ein „Ausländer“ gelebt.

Die in der Geschichte, die durch die Langzeitrecherche dokumentiert wird, verhandelten Themen sind Integrationserfahrungen von jungen Geflüchteten in (Ost-) Deutschland, politische Positionierungen der „Neuen Rechten“ in öffentlichen Diskursen, das Aufeinandertreffen von christlicher und islamischer Religionspraxis innerhalb einer Familie, die bleibende Differenz zwischen Ost-West-Regionen als Identitätsfaktor.

Heute sind die 10 Dörfer, in denen das Projekt präsentiert wird, zwar wirtschaftlich gut aufgestellt, häufig fusioniert zu größeren Gemeinden, doch das kulturelle Leben findet, inhaltlich getragen von Heimat- und Schützenvereinen, vorwiegend im Bereich der Sicherung von Traditionen statt. „Die Jugend“ fährt in die nächsten Städte wie Heiligenstadt, Leinefelde oder Göttingen, um dort Kino, Theater, Konzerte zu besuchen. Aber was bedeutet das „Absterben“ von dörflichen Kommunikationsräumen? Die Dorfgaststätten, die jahrzehntelang das regelmäßig (zumindest von der männlichen Bevölkerung) besuchte Forum waren - in dem nicht nur Neuigkeiten ausgetauscht, sondern auch politische und gesellschaftsrelevante Fragen und Positionen diskutiert wurden - haben in den Dörfern nur noch am Wochenende geöffnet und viele schließen wegen mangelnder Kundschaft endgültig.

Sowohl für die Recherche als auch als spätere Aufführungsorte ist  das Arbeiten in dörflichen Regionen interessant, denn hier kann eine deutliche Sichtbarmachung von gesellschaftlichem Wandel geschehen anhand einer Analyse von zugleich individuellen und zivilgesellschaftlichen Prozessen innerhalb dörflicher Strukturen. Besonders war an dem untersuchten Ereignis, dass verschiedene aktuelle Diskurse daran angebunden sind:

- die Frage nach dem politischen Bewusstsein in dörflichen, „abgehängten“ Regionen

- die Perspektive für Transformationen von dörflichen Strukturen und Verantwortlichkeiten

- die Frage der kulturellen Integration von Geflüchteten in verfestigte deutsche Gemeinschaften.

Erstmals hat werkgruppe2 eine Langzeitrecherche begonnen, die sich über zwei Jahre erstreckt hat. Im Zentrum der Recherche steht das Leben der jungen Frau in einem thüringischen Dorf, die im Mai 2017 ein Kind bekommen hat von ihrem Freund, einem jungen syrischen Kurden, der als Asylsuchender nach Deutschland gekommen war. Die Reaktionen der Dorfgemeinschaft auf dieses Ereignis waren vehement, Meinungen und Verurteilungen wurden schnell geäußert. In der Langzeitrecherche sollte beobachtet und untersucht werden, wie die Auseinandersetzungen der Betroffenen, der Familie und der Dorfgemeinschaft über diese Beziehung und ungeplante Schwangerschaft verlaufen.

In etwa sechswöchigen Abständen haben Interviews im Dorf stattgefunden: zunächst mit den engeren Familienmitgliedern; später wurden die Gespräche auf einen größer werdenden Kreis von Involvierten, Anteilnehmenden und Beobachtenden im Dorf ausgeweitet. Durch die Wiederholung der Gespräche in zeitlichen Abständen von einigen Monaten wurde das Ereignis immer wieder rückblickend von den Hauptinterviewpartner*innen erzählt und Veränderungen dokumentiert. Als Zwischenergebnis fand eine Szenische Einrichtung und Podcasts mit professionellen Schauspieler*innen im November 2017 statt.

Die Interviews wurden aufgezeichnet und anschliessend wortwörtlich transkribiert. So entstand ein Textmaterial von ca. 600 Seiten. Die Textfassung, Basis für die Inszenierung, besteht einzig aus wortwörtlichen Passagen aus Interviews; keine Texte wurden fiktiv hinzugefügt.

Erarbeitet haben die Stückfassung die Regisseurin Julia Roesler und Dramaturgin Silke Merzhäuser. Mit einem professionellen Ensemble aus zwei Schauspieler*innen und zwei Musiker*innen in einem sechswöchigen Probenprozeß im Sommer/ Herbst 2018 wird die Inszenierung entwickelt, ausgehend von Textfassung, Tonaufnahmen, musikalischer Recherche und Improvisationen.

ZUR VORBEREITUNG DER INSZENIERUNG gehören konzeptionelle Ideen, die ebenfalls auf einer Recherche basieren. Im Frühjahr 2018 entstanden erste Entwürfe für die Raumgestaltung (Ausstattung Léa Dietrich). Da feststand, dass später in vielen unterschiedlichen Räumen gespielt werden wird, bedurfte es einer Konzeption, die große Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Raumgrößen und feste Einbauten gewährte. Gleichzeitig wollten wir den Zuschauer*innen ein überraschendes ästhetisches Erlebnis ermöglichen und die gewohnte Wahrnehmung des bekannten und häufig besuchten Festsaals stark verändern.

Daher entschieden wir uns für ein mobiles, raumgreifendes Bühnenbild, das innerhalb der Inszenierung seine Raumwirkung in den Festsälen der Dorfgaststätten verändern konnte, indem es von den Schauspieler*innen und den Zuschauer*innen umgebaut wird. Ergänzend werden Videoprojektionen eingesetzt, die Video-Bilder aus der alten Heimat von Asan zeigen und dokumentieren, wie sich sein Heimatdorf in den letzten Jahren verändert hat. Neben den beiden Hauptfiguren Beate und Asan (gespielt von Ahmad Kiki und Elisabeth-Marie Leistikow) tauchen verschiedene Dorfbewohner*innen auf. Diese Rollen wurden gekennzeichnet, indem die oder der Schauspieler*in Foto-Masken und kaschierte Wattons überzog. Eine starke Imitation, die bestimmte Charakterzüge oder Eigenarten ausstellen und die vielen unterschiedlichen Figuren deutlich kennzeichnen konnte.

Nach sechswöchiger Probenzeit fand die Premiere am 27.09.2018 im Festsaal der Gaststätte MUSEUMSKRUG in Obernfeld im Landkreis Duderstadt statt. Dies war die erste Station einer Vorstellungsreihe in unterschiedlichen Festsälen, Gaststätten, Gemeindesälen.

In der Inszenierung wird die Geschichte aus der Perspektive der beiden Protagonist*innen Asan (Ahmad Kiki) und Beate (Elisabeth-Marie Leistikow) erzählt. Sie sind es, die einander und dem Publikum vorspielen, wie der Bürgermeister, der Pfarrer, Kneipenbesucher oder die Eltern Auskunft geben. Das musikalische Konzept (Musik: Esra Dalfidan/ Uli Genenger) wurde auf drei Ebenen angelegt: Neu-Arrangements von DDR-Schlagern; situative Sounds/Songs, wie etwa zur Erzählung der Taufe; eine wiederkehrende Melodie, die die Inszenierung strukturell in verschiedene Phasen teilt.

Von der Inszenierung wurde bei der Vorstellung am 10.10.2018 in Lenglern ein Mitschnitt erstellt, von dem wir hier einen Ausschnitt ausgewählt haben. Bei Interesse an einem Gastspiel von IM DORF oder zu Studienzwecken kann der komplette Mitschnitt auf Anfrage zugeschickt werden. Anfragen an info@werkgruppe2.de.

PRESSESTIMMEN:

Der Entscheidung, ausschließlich in Festsälen von Dorfgaststätten zu spielen, sollte die Idee wiederbeleben, dass diese Orte jahrzehntelang ein Forum waren - in dem nicht nur Neuigkeiten ausgetauscht, sondern auch politische und gesellschaftsrelevante Fragen und Positionen diskutiert wurden. Doch die Suche nach geeigneten Festsälen war nicht einfach - heute haben diese häufig nur noch am Wochenende geöffnet und viele schließen wegen mangelnder Kundschaft. So wurde nicht nur in Festsälen, sondern auch Gemeindehäusern, Mehrzweckhallen oder Dorfgemeinschaftshäusern gespielt.

Für die TOUR ÜBER DIE DÖRFER haben wir nach 10 Dörfern gesucht, die grenznah liegen, über eine eigene kleine Infrastruktur mit Gaststätte oder Lebensmittelladen verfügen und die nicht mehr als 2000 Einwohner*innen haben. So kam diese Tour-Liste zustande:

27.09.2018 Obernfeld, Museumskrug (Premiere)
28.09.2018 Obernfeld, Museumskrug
29.09.2018 Gelliehausen, Schuppen
18.10.2018 Wehnde, Wehnder Warte Wolff
19./20.10. Lenglern, Landgasthaus Fricke
25.10.2018 Gladebeck, Gasthaus Zum Krug
27./28.10. Rüdershausen, Mehrzweckhalle
04.11.2018 Ferna, Zum Dorfkrug
15.11.2018 Friedland, Grenzdurchgangslager, Museum Friedland
16./17.11. Nesselröden, Gasthaus Schenke
24.11.2018 Ecklingerode, Dorfgemeinschaftshaus

Über zwei Monate hinweg fanden die Vorstellungen meist an Wochenenden statt; das bedeutete viel Logistik, Auf-, Um- und Abbauen, An- und Abreisen von allen Beteiligten und zwischendurch gemeinsame Pausen. Eine Fotostrecke des Making-of und Making-on:

werkgruppe2 ist ein freies Theaterkollektiv, das sich seit 2009 in dokumentarischen Projekten mit der sozialen Wirklichkeit aus der Perspektive von Menschen befasst, die zumeist zu gesellschaftlichen Minderheiten, Unsichtbaren, Ausgeklammerten zählen. Seine Arbeiten beruhen auf einer ausführlichen journalistischen Recherche und loten die Grenzen von Schauspiel und Musiktheater, Dokumentation und Fiktion aus. Dabei untersucht werkgruppe2 stets, was Dokumentation bedeutet, wie Wirklichkeit abgebildet und wie stellvertretend für Menschen gesprochen werden kann. werkgruppe2 besteht aus der Regisseurin Julia Roesler, der Musikerin und Komponistin Insa Rudolph und der Dramaturgin Silke Merzhäuser. Neben eigenen Theaterprojekten, ist zuletzt als erste Filmproduktion der mehrfach ausgezeichnete Kurzfilm „Marina“ entstanden. Viele Inszenierungen realisiert werkgruppe2 in Koproduktionen mit bestehenden Theater, u. a. mit dem Deutschen Theater in Göttingen, Oldenburgischen Staatstheater, Staatstheater Braunschweig, Nationaltheater Craiova/Rumänien und dem Badischen Staatstheater Karlsruhe. www.werkgruppe2.de

Elisabeth-Marie Leistikow (Schauspielerin), geboren 1988 in Frankfurt am Main, studierte bis 2012 an der Universität der Künste Berlin Schauspiel. Von 2012 bis 2014 war sie am Jungen Theater Göttingen im Ensemble und wirkte in 13 Stücken mit. Zu ihren Arbeiten zählten ihr Solo BÜCHNER: WISSEN MACHT KUNST, das sie mit der Regisseurin Lily Sykes zusammen entwickelte; TSCHICK, inszeniert von Juliane Kann, und DER VORNAME unter der Regie von Max Claessen. 2014/15 war sie am Stadttheater Konstanz. Im LAB Frankfurt/Mousonturm war sie als Performerin in BATUCADA unter der Leitung des brasilianischen Choreographen Marcelo Evelin und 2018 am Theater-Willy-Praml in Kafkas AMERIKA beteiligt. Sie dreht regelmäßig für Film und Fernsehen: 2014 für den Stuttgarter Tatort unter der Regie von Niki Stein, 2012 spielte sie eine Hauptrolle neben Vadim Glowna in dem Kinofilm INS BLAUE oder 2018 in DER STAATSANWALT unter der Regie von Ulrich Zrenner. 2016 war sie für einen längeren Studienaufenthalt in New York am Lee-Strasberg-Institut.

Ahmad Kiki (Schauspieler) wurde 1987 in Damaskus, Syrien, geboren. Dort absolvierte er von 2008-2012 eine Schauspielausbildung an der Hochschule für Musik und Theater Damaskus. Anschließend arbeitete er als Schauspieler am Theater (u.a. in MACBETH und DIE MÖWE) sowie in Film (TRAUM VON EINER STADT, EILMELDUNG) und Fernsehen (KALENDER, ES GESCHAH IN DAMASKUS). 2015 flüchtete er vor dem Krieg in Syrien in die Türkei, wo er in der Fernsehserie FACES AND PLACES mitspielte. Seit 2016 lebte er in Osnabrück und wirkte als Schauspieler mit in der Produktion WOLLE UND GACK des Musiktheater Lupe sowie in DIE PROBE - GALIXEA IN DEUTSCHMANIA für das boat people project in Göttingen. In der Spielzeit 2017/18 war er Teil des Osnabrücker Schauspielensembles und spielte bei MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER und DER HAUPTMANN VON O.

Esra Dalfidan (Gesang, Gitarre) wurde als Tochter türkischer Eltern in Deutschland geboren. Sie studierte zunächst Musiktherapie und arbeitete zwei Jahre in einer Klinik für neurologische Rehabilition bevor sie nach Amsterdam ging, um am Conservatorium van Amsterdam Jazz-Gesang zu studiere. Dort studierte sie am. 2007 gewann sie den ersten Preis der Dutch Jazz Competition for Vocalists. Im folgenden Jahr schloss sie ihr Studium mit Auszeichnung ab. Schon damals arbeitete sie parallel als Komponistin und Sängerin mit ihrem Quintett FIDAN, mit dem sie zwei Alben veröffentlichte und regelmäßig auf Jazz Podien und internationalen Festivals auftritt, u.a. dem North Sea Jazz (Niederlande,) Ankara Jazz (Türkei), Catania Jazz, Euro 21 (Deutschland). Daneben arbeitet sie als Musikerin und Performerin für Theaterproduktionen, wie OFFENER HIMMEL von werkgruppe2.

Uli Genenger (Schlagzeug) spielt Schlagzeug seit er 7 Jahre alt ist. Nach der Schulzeit begann er eine Ausbildung als Jazz-Schlagzeuger und studierte am Drummers Institut (Düsseldorf), Drummers Collective (New York), an der Hochschule für Musik „Hans Eisler“ (Berlin) und am Conservatorium van Amsterdam mit dem Abschluss Master Degree of Music. Zu seinen Lehrern gehörten bekannte Musiker wie Bill Stewart, Ari Honig, Trilok Gurtu, Kim Plainfield, Gene Jackson, Lukas van Merwijk, Marcel Serierse, Ricky Sebastian, Frank Katz, Sandy Gennaro, Fred Klatz, Martijn Vink, Eric Harings, Mario Würzebesser, Holger Nell, Uli Moritz. Heute lebt er in Amsterdam und spielt auf internationalen Festivals mit den Bands FIDAN und SPINIFEX und unterrichtet an der Pop School Amsterdam. Zu den Künstlern, mit denen er bereits zusammenspielte, gehören: Aki Takase, Efrat Alony, Anton Goudsmit, Gijs Hendriks, Michael Moore, Tineke Postma, Kubat, Tyler Woods.

Zum Team von IM DORF gehörten hinter der Bühne Léa Dietrich (Ausstattung), Jörg Finger (Mitarbeit Video), Ewa Górecki (Technische Betreuung/ Licht), Stefanie Hauser (Vermittlung), Friederike Kemmether (Transkriptionen), Swantje Möller (Abendspielleitung), Bruni Neumann (Verwaltung), Anton Säckl (Technische Betreuung/ Fotographie), Sonja Elena Schröder (Mitarbeit Masken) Alex Tripitsis (Technische Betreuung), Tim Bremser (Technische Betreuung)

In einer interaktiven Hörinstallation haben wir im November 2018 erste Ausschnitte aus den Interviews präsentiert, um herauszufinden, welche Aspekte der umfangreichen Recherche interessieren oder Fragen aufwerfen. Um herauszufinden, wie die Menge an Interviewmaterial, in welcher Ausführlichkeit, in welchen zeitlichen und thematischen Sprüngen erzählt werden kann. Die Teilnehmer*innen hörten drei Erzählungen (von Vater, Mutter und Tochter Beate) in unterschiedlichen Räumen als Hörspiel über Kopfhörer. Begleitet wurden sie dabei jeweils von einem Schauspieler oder Schauspielerin, die als stumm agierende Stellvertreterin der über Kopfhörer sprechenden Person zu hören war. Veranstaltungsort war das IWF in Göttingen, das zu der Zeit von boatpeopleprojekt genutzt und uns zur Verfügung gestellt wurde.

Mit: Carsten Hentrich, Franziska Roloff, Isabelle Stolzenburg
Von: Julia Roesler, Silke Merzhäuser, Insa Rudolph, Léa Dietrich

Start der Tour durch die drei Erzählungen/Räume war in einem zentralgelegenen Bühnenraum, wo sich das Publikum zu Beginn und nach jeder einzelnen Runde sammelte und musikalische Variationen des Eichsfelder Volksliedes “Heimatklang” (Arrangement und Produktion: Insa Rudolph) hören konnte.

Die Erzählungen von Beate, Mutter und Vater zum Nachhören:

Uns interessierte herauszufinden, wo der dörfliche Austausch heute stattfindet – wenn nicht mehr wöchentlich in der Dorfgaststätte-, ob der Bedarf dafür weiterhin existiert, welche Räume für Reflexion und Selbstreflexion erschlossen werden können? Wie kann ein solcher Kommunikationsraum intergenerationell geöffnet werden? Wer wird von diesen Foren ausgeschlossen und aus welchen Gründen? Welche Fragen wollen diskutiert werden? Durch welche Themen und Haltungen zeichnet sich politisches Bewusstsein in dörflichen, „abgehängten“ Regionen aus? Wer ist für die Transformationen von dörflichen Strukturen verantwortlich bzw. kann diese gestalten? Welche Ansätze zur kulturellen Integration von Geflüchteten gibt es - was funktioniert gut?

Jede Vorstellung wurde von einem anschließenden Publikumsgespräch begleitet, das von der Kulturvermittlerin Stefanie Hauser moderiert wurde. Vor Beginn der Vorstellungen wurden die Zuschauer*innen um das Ausfüllen eines kurzen Fragebogens gebeten, der einen Überblick darüber bot, aus welchem Wohnort sie kommen, ob dort Geflüchtete leben und ob dort Platz wäre, für mehr Geflüchtete und warum. Eine ausführliche dorfspezifische Auswertung von 10 Nachgesprächen gibt es HIER zum nachlesen.

FAZIT DER NACHGESPRÄCHE:

1. Das Vermittlungskonzept stellte sich als essentieller Bestandteil des Projekts heraus.

2. Vor allem eignete es sich für Zuschauer*innen, die ein grundlegendes Interesse an der Thematik (wie Migration, struktureller Wandel) bereits mitbrachten oder sich durch die Inszenierung IM DORF angesprochen fühlten. Weniger eignet es sich für Menschen mit offen rechtem bzw. ablehnendem Gedankengut der Inszenierung gegenüber.

3. Politische Bildung und Zusammenkünfte außerhalb von bereits etablierten Vereins- oder Parteipolitikstrukturen finden in den Dörfern, die das IM DORF-Team besucht hat, wenig statt. Gerade Erwachsenenbildung und/oder Information über eigene Möglichkeiten des Engagements fehlen und somit auch die persönliche Auseinandersetzung mit diesen Themen im Alltag.

4. Interesse ist prinzipiell vorhanden, allerdings  fehlt an vielen Stellen die Energie zur Eigeninitiative und der Anstoß reicht wohl nicht aus, den IM DORF gegeben hat. Es müssten nachhaltigere Strukturen und Initiativen entwickelt werden, die “von innen“ getragen werden.

5. Besonders gut haben die Publikumsgespräche dann funktioniert, wenn viele Leute anwesend waren, die aus dem selben Ort kamen, so konnte konkret über Problematiken und Beispiele gesprochen werden (Obernfeld, Gelliehausen).

6. Ein weiterer Faktor für ein gut funktionierendes Publikumsgespräch war, wenn die Teilnehmer*innen gemischte Erfahrungen mit der Thematik haben: persönliche Zugänge und Erfahrungen sowie fachliches Wissen, das nicht von der Moderation in das Gespräch gebracht werden musste, regten das Gespräch an und motivierten die Gruppe von sich selbst und gegenseitig zu lernen und Wissen zu teilen (Lenglern, Friedland, Nesselröden).

7. Jedes Dorf ist anders, eigen und sehr abhängig von historisch gewachsenen Strukturen innerhalb des Dorfes. Auch Nachbardörfer sind zum Teil extrem unterschiedlich. Einzelne Persönlichkeiten und Familienstrukturen spielen eine große Rolle in der Dorfgemeinschaft. Engagiert sich zum Beispiel der Wirt oder eine Familie sehr stark für bestimmte Angelegenheiten, ist die Annahme in der gesamten Ortschaft gegenüber diesen Angelegenheiten sehr groß.

8. Leider bestätigte sich die Vorannahme, dass ein größerer Zuspruch in den westdeutschen Ortschaften gegenüber des Projekts stattfand. Viele der wenigen Aufführungen und Publikumsgespräche, die in Thüringen angesetzt waren, wurden entweder im Vorhinein aus verschiedenen Gründen abgesagt oder verschoben. Das Publikumsgespräch in Wehnde konnte auf Grund Ablehnung gegenüber der Inszenierung nicht stattfinden. So fanden von den insgesamt 16 Vorstellungen nur drei in ostdeutschen Dörfern statt.Zwei weitere Vorstellungen folgten am 5./6. Juni 2019 durch die Einladung zu „Hart-am-Wind. 6. Norddeutsches Festival für junges Publikum“, das in diesem Jahr durch das Theater Kiel ausgerichtet wurde.

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Julia Roesler
An der Kapelle 23
37124 Rosdorf
Telefon 0551/3890161
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Julia Roesler

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Credits:

Inszenierungsfotos: Anton Säckl

Fotos Making-of, Gastspiel-Tour: Anton Säckl, Lea Dietrich, Jule Roesler, Uli Genenger

Fotos Titel, Recherche: Silke Merzhäuser

Videos Ausschnitt Mitschnitt: Sönke Westphal

Corporate Design, Webdesign, Realisierung:
atavist.com, Silke Merzhäuser & Julia Roesler

Im Dorf
  1. Über das Projekt IM DORF
  2. Hintergrund
  3. Die Langzeitrecherche und Konzeption
  4. Die Inszenierung
  5. Die Tour über die Dörfer
  6. Das Team
  7. Try out - ein Jahr zuvor
  8. Auswertung und Fazit
  9. Impressum